Presseberichte 2022


Auf Kufen und im Polar-Express

Foto: Ralf Hinz

Die Chöre der Ulmer Spatzen und die Orchester der Jungen Bläserphilharmonie beglücken das Publikum in der zweimal voll besetzten Pauluskirche.

Bilderbuchwetter, Schnee, eine eiskalte Winterlandschaft – und dann dieses feierlich anrührende Großaufgebot in der Pauluskirche: die singenden Ulmer Spatzen und die Junge Bläserphilharmonie Ulm (JBU). Ein zartes Poulenc-„Ave Maria“ und ein kraftvoll dampfender „Polar-Express“. Und am Ende das musikalisch beglückendste Gruppenbild des Jahres: für den „Abendsegen“ aus Engelbert Humperdincks Märchenoper „Hänsel und Gretel“.

Das waren dann am Sonntag nicht nur die berühmten „vierzehn Engelein“, sondern gut 250 Akteure vor dem Altar, jedenfalls unzählbar viele. Schließlich ein „O du fröhliche“, mitgesungen von den begeisterten Zuhörerinnen und Zuhörern. Mehr Weihnachten geht eigentlich nicht – aber das war jetzt natürlich erst der 3. Advent. Doch nach zwei Jahren Corona-Pause und einer sehr schwierigen Zeit für Chöre und Orchester, nach ziemlicher Probenmühsal nicht zuletzt in Lockdown-Monaten, war das traditionelle Weihnachtskonzert des Ulmer Spatzen Chors und der JBU zugunsten der Aktion 100 000 und Ulmer helft endlich wieder ein Stimmungsaufheller, eine emotionale Familienfeier der lokalen Vorzeigeensembles – unter großer Anteilnahme städtischer Prominenz.

Und zwar in zwei Konzerten hintereinander. Um 14 Uhr war der Vorchor der „Spatzen“ dabei, die putzig-rührende Schar der Kleinsten, die verkündete: „Auf dem Berge, da geht der Wind“. Und um 17 Uhr trat der von Barbara Comes geleitete Kammerchor Les Passerelles auf, unter anderem mit dem klangreich, empfindsam vorgetragenen „In The Bleak Midwinter“ von Gustav Holst.

Von der Altarempore eröffnete traditionell ein Blechbläserensemble der JBU das Programm, mit einem fanfarenartigen Satz des Renaissancemeisters Tylman Susato. Dann kamen die Ulmer Spatzen unter der Leitung von Hans de Gilde und am Klavier/an der Orgel begleitet von Barbara Comes auf die Bühne, der Kinderchor zunächst: „Singet all‘ zur Weihnacht“. Und er vereinigte sich, unter Flötenspiel (Christiane Herr), mit dem Jugendchor für den herrlichen Bach-Satz „Brich an, du schönes Morgenlicht“.

Der Jugendchor bot nicht nur Bob Chilcotts „Winter“ mit einer Choreografie. Und Hans de Gilde, der Holländer, hatte dafür auch seine Kufen mitgebracht, auf denen er das Schlittschuhlaufen gelernt hatte. Erinnerungen, wehmütige – es war sein letztes Weihnachtskonzert nach einem Vierteljahrhundert. Wunderschön, emotional: „Süßer die Glocken nie klingen“ in einem effektvollen Satz Colin Mawbys.

„Christmas“ als „Dream“, als Serenade, als Medley: Die JBU unter Josef Christ war in diversen Stücken absolut weihnachtlich gestimmt. Das Nachwuchsorchester zeigte seine Qualitäten, und das Große Orchester trumpfte auf mit Werken aus Japan – dort lieben sie sinfonische Blasmusik außerordentlich. „Renaissance Dances“ von Yosuka Fukuda und sehr elegisch, mit schöner Klangbalance „Star Ship“ von Yukiko Nishimura. Und es startete furios der „Polar-Express“, die Suite des Filmmusikhits (arrangiert von Jerry Brubaker).

Dann die klassischen Zugaben. Standing Ovations. Riesenjubel.

Quelle: Südwest-Presse Ulm
Autor: Jürgen Kanold
Datum: 12.12.2022


Die Kraft der Musik

Foto: Ralf Hinz

Unter der Leitung von Josef Christ spielen die Orchester vor 1000 Fans ein mitreißendes Jahreskonzert im CCU.

Mal ehrlich! Sind nicht alle dem Dirigenten Josef Christ bei der zweiten Zugabe auf den Leim gegangen? Nach Bravo-Rufen und Standing Ovations war das hellauf begeisterte Publikum beim bekannten „Gipsy-Song“ in Mitklatsch-Laune und formte willig im voll besetzten CCU einen Riesenchorus mit „Heijo“-Gesängen. Das war aber auch ein cleveres Ablenkungsmanöver von Christ, der Entertainer-Qualitäten zeigte, damit ein Trompetensolist sich unbemerkt oben in einer Loge und später eine Saxofonistin sich auf der Treppe positionieren konnte. Das Startzeichen für Ben Haggertys „Thrift Shop“ – einer heißen Nummer, die mitreißend zündete. Funky, mit knackigen Soli an der Rampe, mit Show- und Jazz-Elementen, Zwischenrufen, „schmutzigen“ Tönen, alles locker aus dem Ärmel geschüttelt, nach dem Motto: Hoppla, das können wir auch!

Doch zurück zum Anfang. Fast 1000 Zuhörer waren zum Jahreskonzert der Jungen Bläserphilharmonie Ulm gekommen. Nicht leicht zunächst für das Nachwuchsorchester der JBU, vor solch einer Kulisse mit vielen Ehrengästen zu spielen? Kein Thema für die rund 45 Jungtalente. Putzmunter und recht sicher präsentierten sie mit Elan und Können unter Christs umsichtigem Dirigat die „John Williams Trilogy“. Vom Applaus angespornt, flogen dem satten Tutti-Klang im Musical-Medley „Die Schöne und das Biest“ und in „Salute to Louis Armstrong“ mit Hits der Jazz-Legende die Sympathien des Publikums zu.

Seit mehr als 25 Jahren spielt die JBU, die früher als Ulmer Knabenmusik (UKM) Mädchen verwehrt war, mit ihren beiden Orchestern und derzeit rund 100 Akteuren unter Stabführung von Josef Christ. Gerade in schwierigen Zeiten, die Michael Leibinger, Vereinsvorsitzender JBU, in seiner Begrüßung schlagwortartig vom Krieg bis zum Klimawandel streifte, „gibt Musik den Menschen neue Kraft“. Und die hatte das Große Orchester der zwölf- bis 23-Jährigen auch auf einer wegen der Pandemie mehrfach verschobenen Konzertreise im August in der Toskana getankt.

In Topform, mit geladenen Akkus meldete sich der imposante Klangapparat voller Glanz und Esprit in Rossano Galantes Tongemälde „Aurora Borealis“ und Bert Appermonts anspruchsvollem „Arche Noah“, einer Vertonung der biblischen Geschichte in vier Sätzen, nun zurück. Carina Rothe (Flöte) und Mauritius Deyhle (Fagott) führten im Wechsel kenntnisreich als Moderatoren durch das Programm, dessen große Bandbreite fesselte. Markus Mikusch war auf dem Euphonium im Dialog mit dem versierten Orchester in Philip Sparkes „Harlequin“ der Stargast: Wie ein Zampano ließ er mit warmem Ton in virtuosen Tonketten die Finger auf den Ventilen tanzen. Das Bravourstück riss die Zuhörerschar von den Plätzen. Als Dank die Zugabe „Memory“ von Rob Ares.

Im zweiten Teil des Konzerts durfte bei Souvenirs aus Italien geschwelgt werden. Wie frisch aufpoliert erklangen Giuseppe Verdis unsterbliche Opern-Hits: der „Triumphmarsch“ aus „Aida“ und ein „Nabucco“-Medley mit dem „Gefangenenchor“. Großartig, wie Christ sich auf das Zusammenspiel innerhalb der Register ebenso verlassen konnte wie auf die vier punktgenauen Schlagwerker und zahlreiche Solisten, darunter Konzertmeister Daniel Kern. Auch der Trip nach Brasilien, an den Strand von Ipanema zum rasanten Bossa-Nova-Cocktail in „Girls of Jobim“, und in die USA zu George Gershwins „The Symphonic Gershwin“ hatte unter Einsatz von Hupe und Schlagkörpern enormen Drive, Stil und Klasse. Ovationen.

Autor: Christa Kanand
Quelle: Südwest-Presse Ulm
Datum: 17.10.2022


Mit dem Triumphmarsch am Start

Foto: Georg Schmidt

„Wir sind gut durch die Pandemie gekommen“, sagt Dirigent Josef Christ. Nach einer Italienreise, die auch den Teamgeist stärkte, steht das Jahreskonzert an.

Den „Triumphmarsch“ aus Giuseppe Verdis „Aida“ in Italien spielen: in Florenz, in der Loggia dei Lanzi, in der Arkadenhalle an der berühmten Piazza della Signoria, vor begeisterten Touristenströmen! Das war Anfang August ein lange entbehrtes Großereignis für die Junge Bläserphilharmonie Ulm (JBU) gewesen – auf einer dreimal geplanten und wegen Corona verschobenen Reise in die Toskana und nach Umbrien.

Solche Erlebnisse, sagt JBU-Dirigent Josef Christ, „sind eine Triebfeder“ für die musikalische Arbeit. Den Teamgeist stärken bei 38 Grad: am Hotel-Pool und in Konzerten. Ja, die Motivation der jungen Musikerinnen und Musiker, ihre Leistungsbereitschaft sei „super“, sagt der 60-Jährige – und freut sich auf das Jahreskonzert der JBU im Congress Centrum.

Wie ist die Junge Bläserphilharmonie durch zweieinhalb Jahre Pandemie gekommen? „Wir haben immer flexibel auf die aktuelle Situation reagiert“, sagt Christ. Und erzählt von unterschiedlichsten Online-Formaten, vom Unterricht per Skype, von anfangs schlechten Internetverbindungen, von Live-Proben dann in kleinen Gruppen und nach wechselnden Hygiene-Regeln. So konnte an der Instrumentaltechnik gefeilt werden, und trotzdem habe er mit der JBU auch neues Repertoire aufgebaut.

„Wir sind sehr gut aufgestellt, auf einem qualitativ guten Level“, sagt Christ und lobt im Gespräch mit unserer Zeitung auch „die tolle Arbeit“ der Dozenten an der Musikschule. Das Große Orchester (die 12- bis 23-Jährigen) zählt derzeit 55 Mitglieder, das Nachwuchsorchester 45 Akteure. Nur in sehr geringem Maße habe es Abmeldungen in der Pandemie gegeben, betont Christ.

Was natürlich allen Orchestern zunächst verloren gegangen ist: „die eingespielten Mechanismen“: Tempo halten, aufeinander hören, miteinander atmen, das Gefühl für den Rhythmus und den Zusammenklang. Das alles entsteht in Orchesterproben, ist nicht spontan abrufbar. Doch die JBU sei da wieder bestens am Start, meint Christ.

Seit 2004 nimmt die Junge Bläserphilharmonie erfolgreich an den  alle vier Jahre stattfindenden Deutschen Orchesterwettbewerben teil. 2008 gewann  sie in Wuppertal den 1. Bundespreis – gewissermaßen die deutsche Meisterschaft für Jugendblasorchester. Zuletzt gab es zweite Plätze, und 2020 waren die Ulmer als baden-württembergische Landessieger wieder fürs Finale qualifiziert, in der Beethovenstadt Bonn – dann kam Corona.  Den Nachholtermin sagte Christ ab, vor einer Video-Jury wollte er nicht auftreten, sich lieber aufs Jahreskonzert 2021 konzentrieren. Nächster Anlauf: das Bundesfinale 2025: „Dann machen wir wieder mit“, sagt Christ, der sich keinen schöneren Beruf vorstellen kann als den des JBU-Dirigenten.  

Das ganze Jahr über sucht Christ nach neuen Stücken fürs Orchester, ein zeitaufwändiges, aber wichtiges Unterfangen: „Sind die Werke zu schwer, dann geht die Motivation verloren, sind sie zu leicht, gähnen alle und meinen, sie müssten nicht mehr üben. Die Stücke müssen maßgeschneidert sein fürs Orchester – und natürlich auch unsere musikalischen Stärken zeigen.“ Und natürlich muss Christ, wie bei Jugendensembles üblich, altersbedingte Wechsel verkraften, immer wieder neue Talente heranziehen. Mal ist ein Register perfekt besetzt, dann braucht‘s wieder Verstärkung bei manchen Instrumenten. 

Jetzt also das Jahreskonzert im CCU – zum Programm gehört natürlich auch ein kleiner „Italien-Block“ des Großen Orchesters mit dem „Triumphmarsch“ und „Nabucco“-Melodien. 

Und am 11. Dezember soll es endlich wieder, nach zwei Jahren Corona-Absage, die so beliebten, gemeinsamen Weihnachtskonzerte mit den Ulmer Spatzen geben – „können nach aktuellem Stand in der Pauluskirche durchgeführt werden“, steht auf dem Probenplan. Das ist doch eine schöne Zukunftsmusik.

Autor: Jürgen Kanold
Quelle: Südwest-Presse Ulm
Datum: 13.10.2022